Wer ist schon „ganz normal“?

— Besuch im Waldviertler Hoftheater

(c)Andreas Tischler

Im Rahmen des Wahlpflichtfaches Psychologie besuchten Schüler:innen der 7. Klasse mit Prof. Günther Scheidl das Stück „Die Tanzstunde“ des amerikanischen Autors Mark St. Germain, in dem sich dieser – ausgehend von Erfahrungen aus dem eigenen Bekanntenkreis – den Schwierigkeiten eines Lebens mit Autismus widmet.

Der Professor für Geowissenschaften, Ever Montgomery, bekommt einen Preis verliehen. Allerdings wird von ihm erwartet, nach seiner Dankrede ein Tänzchen aufs Parkett zu legen. Das Problem: Er zählt zu den Autisten mit Asperger-Syndrom, hochfunktional und -intelli­gent, aber der Umstand, dass er anderen Menschen räumlich nahekommen oder sie gar berühren soll, belastet ihn außerordentlich. Auf der Suche nach Hilfe wendet er sich an die Tänzerin Senga Quinn, die zwei Stockwerke unter ihm wohnt.

(c)Andreas Tischler

Zunächst scheinen die Rollen klar verteilt zu sein: Hier der autistische Freak, dort die „normaltypische“ Musicaldarstel­lerin. Doch die Unfähigkeit Evers, Sarkasmus zu erkennen oder zu lügen, sorgt nicht nur für jede Menge Komik, sondern zwingt Senga, sich nach und nach ihren eigenen Problemen und Lebenslügen zu stellen: Ihre weitere Karriere am Broadway scheint nach einem Unfall fraglich, dazu kommt noch ihre Wut, weil ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben und ihr leiblicher Vater ihr unbekannt ist, und auch sie hat Angst, sich dauerhaft an einen Menschen zu binden. Das Stück beschreibt die langsame und kompli­zierte Annäherung zwischen zwei Menschen, die beide auf ihre Weise mit ihren persönlichen „Handicaps“ zu kämpfen haben.